Kostenentscheidung bei Teilklagerücknahme
Vorteil einer Klagerücknahme
Wenn der Kläger feststellt, dass seine Klage insgesamt nicht begründet ist, kann er die Klage zurücknehmen. Gemäß § 269 III 2 ZPO muss er dann jedoch – wie bei einer Klageabweisung – die Kosten des Rechtsstreits tragen.
Die Beendigung des gesamten Verfahres durch die Klagerücknahme hat für den Kläger dennoch einen Vorteil gegenüber der Klageabweisung durch Urteil: Die Gerichtskosten werden reduziert. Der Kläger muss nur noch eine statt drei Gerichtsgebühren zahlen (Nr. 1211 VV GKG).
Vorteil einer Teilklagerücknahme
Die Teilklagerücknahme führt nicht zur Beendigung des gesamten Verfahrens. Es fallen daher weiterhin drei Gerichtsgebühren an. Die Teilklagerücknahme vor Beginn der mündlichen Verhandlung führt jedoch dazu, dass die außergerichtlichen Kosten reduziert werden: Die Terminsgebühr der Rechtsanwälte fällt nur noch zu dem nach der Teilklagerücknahme verbleibenden Streitwert an.
Berechnung der Kostenquote
Der Gesetzgeber hat nicht geregelt, wie das Gericht die Kostenentscheidung bei Teilklagerücknahme zu treffen hat. Klar ist wegen des Grundsatzes der Kosteneinheit nur, dass eine einheitliche Kostenquote zu bilden ist.
Zur Berechnung der Kostenquote werden zwei Methoden vertreten, die ich hier anhand eines Beispielfalls erläutern möchte:
Fall: Der Kläger kündigt in der Klageschrift an, dass er in der mündlichen Verhandlung beantragen wird, den Beklagten zur Zahlung von 12.500 € zu verurteilen. Noch vor der mündlichen Verhandlung nimmt er die Klage in Höhe von 2.500 € zurück. Der Beklagte wird zur Zahlung von 10.000 € verurteilt.
Vorüberlegung
Es würde zu einem ungerechten Ergebis führen, für die Berechnung der vom Kläger zu tragenden Kosten einfach den Betrag der Teilklagerücknahme ins Verhältnis zum ursprünglichen Streitwert zu setzen (2.500 € / 12.500 € = 20 %). Denn dann bliebe unberücksichtigt, dass die Terminsgebühren der Anwälte nur noch zu dem niedrigeren Streitwert in Höhe von 10.000 € angefallen sind, in dessen Höhe der Kläger den Rechtsstreit gewonnen hat.
Quotenmethode
Die Vertreter der Quotenmethode behandeln die Teilklagerücknahme wie ein teilweises Unterliegen gemäß § 92 I ZPO. Für jede einzelne Gebühr sei anhand der jeweiligen Verlustquote des Klägers der Kostenbetrag zu ermitteln, den er zu tragen habe und dann die Summe dieser Beträge ins Verhältnis zur Summe der Kostenbeträge zu setzen.
Tatsächliche angefallene Kosten und Verlustbeträge des Klägers:
Gebührenbezeichnung | Streitwert | Kostenbetrag | Verlustquote | Verlustbetrag |
---|---|---|---|---|
Gerichtsgebühren | ||||
3 Verfahrensgebühr (KV 1210) | 12.500 | 657 | 1/5 | 131,4 |
Anwaltsgebühren des Klägervertreters | ||||
1,3 Verfahrensgebühr (VV 3100) | 12.500 | 683,80 | 1/5 | 136,76 |
1,2 Terminsgebühr (VV 3400) | 10.000 | 583,20 | 0 | 0 |
Anwaltsgebühren des Beklagtenvertreters | ||||
1,3 Verfahrensgebühr (VV 3100) | 12.500 | 683,80 | 1/5 | 136,76 |
1,2 Terminsgebühr (VV 3400) | 10.000 | 583,20 | 0 | 0 |
SUMME | 3.191,00 | 404,92 |
Der Kläger hat nach der Quotenmethode 404,92 € / 3.191 € = 12,68 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Mehrkostenmethode
Nach der Mehrkostenmethode seien die Kosten, die nach dem nach der Teilklagerücknahme verbleibenden Streitwert entstehen, dem Beklagten, der in der Höhe dieses Streitwerts voll unterliegt, voll aufzuerlegen (§ 91 Abs. 1 S. 1, 1. Hs ZPO). Vom Kläger seien nur die darüber hinausgehenden, nicht dem Beklagten aufzuerlegenden Kosten zu tragen (§ 269 Abs. 3 S. 2 ZPO).
Es sei also die Differenz zwischen den tatsächlich entstandenen Kosten und denjenigen Kosten zu bilden, die entstanden wären, wenn der Kläger von vornherein den geringeren Betrag eingeklagt hätte.
Kosten die entstanden wären, wenn nur der nach der Teilklagerücknahme verbleibende Betrag einklagt worden wäre:
Gebührenbezeichnung | Streitwert | Kostenbetrag | Verlustquote | Verlustbetrag |
---|---|---|---|---|
Gerichtsgebühren | ||||
3 Verfahrensgebühr (KV 1210) | 10.000 | 588 | 0 | 0 |
Anwaltsgebühren des Klägervertreters | ||||
1,3 Verfahrensgebühr (VV 3100) | 10.000 | 631,80 | 0 | 0 |
1,2 Terminsgebühr (VV 3400) | 10.000 | 583,20 | 0 | 0 |
Anwaltsgebühren des Beklagtenvertreters | ||||
1,3 Verfahrensgebühr (VV 3100) | 10.000 | 631,80 | 0 | 0 |
1,2 Terminsgebühr (VV 3400) | 10.000 | 583,20 | 0 | 0 |
SUMME | 3.018,00 | 0 |
Die Mehrkosten betragen also 3.191 € – 3.018 € = 173 €. Die Summe der Verlustbeträge und der Mehrkosten beträgt 0 € + 173 € = 173 €. Der Kläger hat nach der Mehrkostenmethode also 173 € / 3.191 € = 5,42 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Welche Methode ist zu wählen?
Mangels einer gesetzlichen Vorgabe hängt die praktisch wichtige Frage nach der Höhe der Kosten alleine davon ab, welche Berechnungsmethode nach der Ansicht des mit dem Rechsstreit befassten Richters vorzugswürdig ist.
Im Interesse einer einheitlichen Berechnung wäre eine gesetzliche Regelung wünschenswert.
Hallo,
ich habe in einem Arbeitsgerichtsprozess einige Punkte eingeklagt. Noch vor der Urteilsverkündung aber einige Punkte, u.a. des Arbeitszegnisses zurückgezogen.
Der Streitwert wurde auf 3.300 € im Urteil festgelegt, welches zu meinen Gunsten ausging. Kostenquote aufgrund der Rücknahme 78 % zu meinen Lasten. Nun erhalte ich die Kostenrechnung und der Gegenstandswert war nicht 3.300 € sonder knapp 15.000 €. Anstatt geplanten 205 € muss ich nun 460 € zahlen… Mir wurde gesagt, wenn ich Klagepunkte zurückziehe, hat das den Vorteil der Streitwert reduziert sich, jedoch war es nicht der Fall…. Hat jemand Erfahrung wenn man diesbezüglich eine sogenannte “Erinnerung” beim Gericht einlegt?