Von einem Kommilitionen erhielt ich heute die Einladung an einer Unterschriftenaktion gegen die Einführung allgemeiner Studiengebühren teilzunehmen. Das hat mich dazu veranlasst, darüber nachzudenken, welche Position ich zu allgemeinen Studiengebühren überhaupt vertrete.
Studenten stammen überwiegend aus den einkommensstärkeren Schichten der Bevölkerung. Und Studenten werden nach ihrem Abschluß in der Regel ein relativ hohes Einkommen haben. Wenn keine Studiengebühren erhoben werden, heißt das, dass alle – also auch die ärmeren – Steuerzahler die universitäre Ausbildung der Studenten finanzieren.
Gerechter wäre es aus meiner Sicht, wenn die Studenten, die vom Studium profitieren, ihr Studium selbst (mit) bezahlten. Soweit die Theorie. Ich denke soweit werden mir auch alle zustimmen. In der Praxis bestehen aber Bedenken. Viele Studenten sind der Ansicht, dass die Studiengebühren die Steuermittel ergänzen und nicht ersetzen sollen. Durch die Ergänzung der Hochschulmittel solle die finanzielle Lage an den Hochschulen verbessert werden. Die Befürchtung ist aber, dass die Steuermittel in Höhe der Studiengebühren mittelfristig zurückgefahren werden. Die finanzielle Ausstattung der Hochschulen bliebe unter dem Strich unverändert.
Der zweite Einwand bezieht sich auf den Zugang zum Studium. Für Kinder aus finanziell schwächeren Schichten würde der Hochschulzugang durch Studiengebühren beschränkt. Dieser Einwand greift jedoch bei der Frage, ob Studiengebühren überhaupt erhoben werden sollen nicht. Ob die Erhebung von Studiengebühren zu einer Beschränkung des Hochschulzugangs führt, hängt von der separaten Frage ab, wie die Studiengebühren zu erbringen sind. Eine Beschränkung würde etwa durch das Finanzierungsmodell vermieden, das an der Privaten Universität Witten-Herdecke Realität ist: Der sogenannte umgekehrte Generationenvertrag. Folgende Überlegungen liegen dem zugrunde:
- Studenten haben bei Studienbeginn kein Geld.
- Studenten wollen sich zur Finanzierung ihres Studiums nicht bei Banken verschulden.
- Studenten werden nach Abschluß des Studiums mit hoher Wahrscheinlichkeit überdurchschnittlich verdienen.
Wie sieht das vorgeschlagene Finanzierungsmodell genau aus? Während des Studiums zahlt der Student nichts. Er verpflichtet sich jedoch bei Studienantritt dazu, nach Studienabschluß wenn er Arbeit gefunden hat, für einen bestimmten Zeitraum einen bestimmten Prozentsatz seines Einkommens an die Universität zurückzuzahlen. Laufzeit und Prozentsatz sind so abgestimmt, dass der Student im Durchschnitt auf diese Weise mehr zahlt, als er gezahlt hätte, wenn er die Studiengebühren jedes Semester überwiesen hätte. Wer nur einen schlecht bezahlten Job findet, zahlt ebenfalls nur den festgelegten Prozentsatz und damit weniger als er bei der normalen semesterweisen Zahlung hätte zahlen müssen. Wer zunächst gar keinen Job findet, zahlt erst mal gar nichts. Damit entsteht auch keine Schuldenfalle! Das Modell erscheint mir sehr vernünftig. Allerdings wäre es unerlässlich, dass das Modell mit der Einführung der allgemeinen Studiengebühren zeitgleich eingeführt wird. Andernfalls bestünde tatsächlich die Gefahr, dass Schüler aus ärmeren Schichten tatsächlich aus finanziellen Gründen vor der Aufnahme des Studiums zurückschrecken.
Ich bin also nicht per se gegen allgemeine Studiengebühren. Sie müssen nur sozial vertraglich erhoben werden.